Wärmeunterschiede nutzten antike Ärzte, um Krankheiten zu erkennen. Sie erfühlten mit dem Handrücken besonders warme oder kalte Hautareale und schlossen aus dem Verteilungsmuster auf das erkrankte Organ. Die Treffsicherheit dieser Diagnostik ist uns nicht überliefert. Die Vermutung der antiken Heilkundigen hat die Neurophysiologie längst bestätigt: In der Tat ist jedes innere Organ mit einem Hautbezirk verschaltet, der seine Nervenfasern aus demselben Rückenmarksegment bezieht.



 

Viscero-cutaner Reflex
Über diese vegetative Verknüpfung beeinflussen sich Haut und inneres Organ gegenseitig. Erkrankt etwa akut die Leber, dann äußert sich dies in ihrem zugehörigen Hautareal: dieser Bereich wird stärker durchblutet und ist somit wärmer als die übrige Haut.

Temperatur-Regelung
Die im Körper entstehende Wärme durch Stoffwechsel und Muskelaktivität wird nach vorgegeben Mustern im Körper verteilt.
Dabei hat dieses Regelzentrum die Aufgabe, die Körperkerntemperatur konstant zu halten (ca.37°C). Wärmeabstrahlung und -produktion müssen sich somit ausgleichen. Dieser feingesteuerte Regelkreis kann durch innere Störgrößen nachhaltig beeinflußt werden. Die Folgen sind gestörte Temperaturmuster auf der Haut.

Das Verfahren
Um diese leicht messbaren Phänomene für die Diagnostik nutzbar zu machen, wurden Methoden der Wärmemessung entwickelt (Thermographie). Klinisch relevant ist die Methode der Kontakt-Thermographie. Bei ihr erfasst ein elektronischer Temperaturfühler die jeweiligen Temperaturen an genau definierten Hautarealen des Körpers. Die im Gerät digitalisierten Temperaturwerte werden über den Computer softwaregesteuert in Form einer Balkengraphik aufgezeichnet.

Methodik: Allgemeines

Abkühlungsverhalten
Ärzte und Zahnärzte nutzen heute die Regulations-Thermographie, die etwa vor 28 Jahren praxisreif gestaltet wurde. Dabei messen sie die Hauttemperatur des Patienten zweimal – einmal bevor und einmal nachdem er sich unbekleidet während einer zehn-minütigen Wartezeit abgekühlt hat. Den dadurch ausgelösten Wärmeverlust reguliert das vegetative Nervensystem ein, indem es die Hautdurchblutung drosselt. Dieser Abkühlungstrick enttarnt jene Hautareale zuverlässig, die über die zuvor beschriebenen Nervenbrücken krankheitsbedingte Störimpulse aus dem Körperinneren empfangen. Diese Areale demaskieren sich deutlich, denn sie regieren auf den Kaltreiz entweder überhaupt nicht oder überschießend. Die Relation Hautareal - inneres Organ diagnostiziert das erkrankte Organ.

Objektive Auswertung
Die bisherige visuelle Auswertung der aufgezeichneten Balkengraphik hat das menschliche Auge fast überfordert. Daher wurde vor einigen Jahren eine verbesserte computerunterstützte Aus-wertungshilfe in das Messsystem eingebaut. Dadurch wird nunmehr eine strukturierte Auswertung möglich. Die wertvollen Hinweise auf die möglichen Krankheitsursachen erhält der Arzt bei unklaren Beschwerden allemal. Ent-sprechend können spezielle Untersuchungen wie Röntgen, Blutteste o.ä. gezielt angeordnet und dem Patienten unnötige Belastungen erspart werden.

Erfolgskontrolle und Vorsorge
Als überaus nützlich hat sich die RTG bei der Therapiekontrolle erwiesen. Ist diese erfolgreich, bessern sich die thermo-graphischen Befunde. Ärzte haben bei ihrer nun schon mehr als drei Jahrzehnte währenden Nutzung der Regulations-Thermographie zudem einen für die Vorsorge möglicherweise interessanten Effekt bemerkt: Bestimmte Störungen der Wärmeregulation der Haut gehen einer spürbaren Funktionseinschränkung oder Organerkrankung oft Jahre voraus. Diese für den Patienten völlig unschädliche Diagnostik hat daher das Zeug für eine echte Vorsorgeuntersuchung. So kann drohenden Gesundheitsproblemen im Vorfeld begegnet werden.

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